Mir ist aufgefallen: Ich hätte es gerne manchmal anders, als es ist. In einer Situation, die mir nicht gefällt, wünschte ich, sie wäre anders. Das ist oft so, wenn ich mich langweile oder wenn Mama und Papa etwas von mir wollen, was ich nicht will. Manchmal klappt auch etwas gar nicht so, wie ich es geplant oder mir vorgenommen habe. Dann denke ich: Warum kann es nicht anders sein? Aber ich kann leider nicht alles ändern. Allerdings habe ich herausgefunden, dass ich annehmen kann, was gerade passiert.
Am letzten Samstag war ich mit meinen Eltern und meinem Bruder Elio auf einer Familienfeier. Es war die Hochzeit meiner Tante. Wir konnten dort Verwandte sehen, die wir lange nicht mehr gesehen hatten. Das war ja wirklich ganz nett. Und der Kuchen war auch gut. Aber irgendwie war es die meiste Zeit total langweilig. Die Erwachsenen haben geredet, getanzt und gegessen. Für uns Kinder ist das aber nicht genug. Wir wollen etwas tun und etwas erleben. Es gab da aber keine anderen Kinder, keine Spielsachen und nichts Interessantes zu erkunden. Draußen hat es geregnet. Ich wollte dann früh nach Hause, aber meine Eltern meinten, sie möchten bis zum Ende der Feier bleiben. Dann musste ich diese öde Situation aushalten. Da war ich genervt! Elio übrigens auch. Wir saßen dann da so gelangweilt rum. Und plötzlich kam Opa zu uns an den Tisch. „Was ist denn mit euch beiden los? Ihr seid die einzigen hier, die ein unglückliches Gesicht machen,“ sagte er. Ich erklärte ihm, wie es mir ging, also dass ich die Feier nicht so aufregend fand und lieber schon nach Hause wollte. „Ich verstehe das, Lumina,“ sagte Opa. Und er fuhr fort: „Das passiert mir auch hin und wieder, dass ich in eine Situation komme, die mir nicht so gefällt, wie sie ist. Aber wenn ich an den Umständen nichts ändern kann, dann sage ich mir: So ist es halt. Dabei öffne ich die Arme und strecke sie vom Körper weg. Das hilft mir, mich sofort ein bisschen besser zu fühlen. Denn damit sage ich Ja zu der Situation. Ich nehme sie an. Ich entscheide mich dazu, das loszulassen, was ich nicht beeinflussen kann. Es ist natürlich vollkommen okay, wenn mich etwas stört und ich etwas nicht mag. Aber ich denke dann da nicht dauernd drüber nach.“ Elio und ich mampften beim Zuhören unser drittes Stück Kuchen, das wir uns aus Langeweile geholt hatten, obwohl wir längst satt waren. Opa hatte gute Tricks auf Lager. Das wussten wir schon. Aber so ganz überzeugt waren wir noch nicht, dass das uns helfen würde.
Opa redete aber weiter. „Das Gegenteil wäre, Nein zur ungeliebten Situation zu sagen. Aber wenn ich das tue, merke ich, dass es mir wirklich schlecht geht. Ich fühle mich dann genervt, wütend oder traurig und sitze oft mit verschränkten Armen da. Und darauf habe ich eigentlich keine Lust. Ich will mich gut fühlen. Irgendwann hatte ich dann die Idee, mein Denken einfach umzudrehen. Wenn ich etwas, dass ich eh nicht ändern kann, annehme, dann bin ich nicht mehr von meinen miesen Gefühlen abgelenkt. Weil ich dann auch wieder klarer denken kann, bemerke ich oft, dass die Situation dann doch noch ganz nett werden kann. Vielleicht wollt ihr das mal ausprobieren?“ Natürlich wollten wir das. Wir hatten ja auch gerade nichts Besseres zu tun. Und ein viertes Stück Kuchen wäre definitiv zu viel gewesen. Elio sprang als erstes auf, breitete die Arme und Flügel aus und sagte laut: „So ist es halt!“ Dabei musste er sogar ein bisschen lachen. Also machte ich das Gleiche. Und Opa machte mit. Jetzt waren wir schon besser gelaunt. Irgendwie waren es witzig, das zu tun.
Opa sagte dann noch laut: „Wir sind nun offen für alles, was kommen mag.“ Wir aßen noch den Kuchen fertig. Und dann kam Oma zu uns. „Habt ihr schon gesehen, wie schön die Servietten hier gefaltet wurden?“ fragte sie uns. Das hatten wir tatsächlich noch nicht. Sie waren wirklich schön gefaltet. Da kam uns die Idee, nun verschiedene Falttechniken auszuprobieren. Im Nu hatten wir viele Ideen gesammelt und verteilten die schönen Servietten an alle Gäste. Sie freuten sich sehr darüber. Opa sagte dann am Abend zu uns: „Habt ihr eigentlich bemerkt, dass ihr die Situation, die ihr eigentlich nicht ändern konntet, doch etwas verändert habt?“ Das stimmt. Wir dachten, wir müssten uns den ganzen Tag auf der Hochzeit langweilen. Aber wir haben dann das Beste draus gemacht.
Der Tag war am Ende also doch gar nicht so schlecht gewesen. Damit du das auch erleben kannst, wenn du in einer ähnlichen Situation bist, fasse ich hier noch einmal alles zusammen:
- Nimm die Situation, die du nicht ändern kannst, erst mal an. Das kannst du tun, indem du so etwas sagst wie „So ist es halt“ und deine Arme ausbreitest.
- Denke oder sage: „Ich bin offen für alles, was kommt.“
- Schaue einfach mal, ob du doch vielleicht etwas Kleines verändern kannst. Wenn du keine Ideen hast, frage doch mal jemand anderen, der in deiner Nähe ist.
- Noch eine Idee: Überlege dir, was in dem Moment, den du nicht so toll findest, trotzdem gut ist. Schaue dich dort um, wo du bist. Dann entdeckst du vielleicht etwas, was du vorher noch nicht gesehen hast.
- Und noch ein Tipp: Tue etwas, um dich in bessere Stimmung zu bringen (hier findest du viele Ideen).
Am Montag dann erzählte ich meinen Freundinnen und Freunden von Opas Trick. Wir wollten eigentlich draußen Insektenball spielen. Aber es wurde auf einmal ganz stürmisch. Gemeinsam sagten wir dann „Es ist halt so“ und breiteten unsere Arme aus. Wir sendeten auch den Gedanken aus: „Wir sind offen für alles, was kommt.“ Und Fredda Fliege hatte dann die Idee, stattdessen Insekt-Ärgere-Dich-Nicht, also ein Brettspiel, zu spielen. Damit hatten wir wahnsinnig viel Spaß.
Haben dir die Tipps geholfen?
Lumina
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